Blockchain in Real Estate – Wunsch und Realität
Sponsor Alfred Müller AG, Räumlichkeiten von Rahn+Bodmer in Zürich
Beim ULI Roundtable am 15. Mai liessen sich interessierte Vertreter der Immobilienwirtschaft auf eine spannende Diskussion ein zum Thema „Blockchain in Real Estate – Wunsch und Realität“. Als einladende ULI Chair Switzerland, Birgit Werner, konnte ich auf die tatkräftige Unterstützung von François Bernath (Alfred Mueller), Sebastian Zollinger (EY) und Thorsten Eiglmeier (SWISS ALPHA) zählen. Jeder einzelne von ihnen beschäftigt sich eingehend mit digitalen Innovationen, sei es als engagierter Wegbegleiter des Zuger Crypto Valleys, als Bewertungsexperte eines auf digitale Transformation spezialisierten Beratungshauses oder aber als Investmentprofi und mehrfach erfolgreicher Digital Entrepreneur.
Wir stellten uns die Frage, warum Blockchain bisher einen kaum nennenswerten Mehrwert bietet und weit hinter den Erwartungen zurück liegt. Nach einem Referat von Francois Bernath, in dem er Grundlagen sowie praktische Anwendungen von Blockchain in der Immobilienwirtschaft darlegte, startete Thorsten Eiglmeier die Paneldiskussion. Die hochkarätigen Teilnehmer waren Ralf Glabischnig, Inhaber inacta AG und eine der Hauptfiguren des Crypto Valleys, Ivo Lenherr, Inhaber fsp Architekten AG und Innovator, sowie Dr. Jean-Claude Spillmann, Head Wealth Management PWC und Blockchain Experte. François Bernath setzte in seinem anregenden Referat Blockchain einem Sicherheitslayer auf Datensätzen gleich. Kosten und Schnelligkeit sind heute gleich einer Schreibmaschine im Vergleich zu einem Computer, eben in den Anfängen.
Allgemeine Anwendungsfälle von Blockchain gibt es einige, wie die Beispiele Bitcoin, allgemein die Tokenisierung von Vermögenswerten, user-based insurance (UBI) oder pay as you drive (PAYD) Versicherungsmodelle, Nachverfolgung von Diamanten (bspw. everledger.io) oder aber die Verknüpfung von Solaranlagen auf Dächern Brooklyns (lo3energy.com) zeigen. Bezogen auf Real Estate gibt es aber vorrangig zwei offensichtliche Anwendungsfälle von Blockchain, zum einen das digitale Grundbuch gerade für Länder wie Afrika, die bisher noch keines hatten und das Problem der Korruption bekämpfen, und zum anderen die Tokenisierung von Immobilien, was allerdings heute in der Schweiz nicht zugelassen ist. Ende März zeigte der Crypto Valley Competition for Real Estate weitere Möglichkeiten auf, diese in den Bereichen Bauen, Supply Chain, Asset Management oder Design/ BIM. Die oftmals sehr kreativen Überlegungen haben noch wenig Produktreife erreicht, aber zeigen grosses Potential für die Zukunft.
Thorsten Eiglmeier startete die Paneldiskussion mit einem Auszug aus einer kürzlich erschienen Studie von McKinsey. Danach wurde Blockchain in den letzten Jahren als Revolution in der Geschäftstechnologie gepriesen. Die Innovationen haben begonnen, Geschäftsprozesse neu zu gestalten insbesondere im Rechnungswesen und bei Transaktionen. Ein Zeichen für das wahrgenommene Potenzial sind die großen Investitionen in die Forschung: Wagniskapitalfinanzierung für Blockchain-Start-ups in 2017 1 Milliarde US-Dollar, durch IBM mehr als 200 Millionen US-Dollar in eine von der Blockchain betriebene Lösung für das Teilen von Daten für das Internet der Dinge, in der Finanzindustrie jährlich rund 1,7 Milliarden US-Dollar.
Es treten jedoch auch Zweifel auf, dass es trotz Milliardeninvestitionen nur wenige Anhaltspunkte für eine praktisch skalierbare Verwendung von Blockchain gibt, dass es in der Pionierphase stecken bleiben kann. So lautete die erste Frage an die hochkarätige Runde, an welcher Stelle der heutige Entwicklungsstand von praktischen Anwendungen basierend auf Blockchain gesehen wird. Ralf Glabischnig verglich die Professionalisierung des Internets ab den 90er Jahren bis heute mit der Entwicklung, die der Blockchain Technologie noch bevorsteht. Gesamthaft sieht er den Markt getrieben durch das grosse Potential der Digitalisierung und vielleicht 5 % davon seien mit Blockchain assoziiert.
Ivo Lenherr demonstrierte seine Begeisterung und Zuversicht für die Zukunft von Blockchain, was er mit «internet of value» sowie mit «Garant von Vertrauen» gleichsetzt. Es braucht in diesem Stadion Visionäre und viel Kapital. Aber es wird kommen und viele neue Geschäftsmodelle generieren. Dr. Jean-Claude Spillmann wies auf die in der Schweiz bisher fehlenden Regulierungen hin. Der Schweizer Bundesrat ist überzeugt vom Potenzial der Blockchain-Technologie, will aber kein spezielles Blockchain-Gesetz erlassen. Stattdessen sollen mit der Anpassung bestehender Gesetze Rechtssicherheit und gute Rahmenbedingungen für Innovation geschaffen werden.
Auf die Frage nach der Sicherheit und damit den Verlust des privaten Schlüssels, um den Besitz von Tokens oder Coins zu beweisen, zeigte Ralf Glabischnig die Notwendigkeit von Mittelsmännern zur Aufbewahrung auf. Hier kann vielleicht ein neues Geschäftsmodell für Schweizer Banken vorliegen. Diese haben dann wie bisher der Datensicherheit eine immer höhere Rechnung zu tragen. Unregulierte Börsen sieht er nicht bzw. als Selbstüberschätzung in einem sehr jungen Markt. Die Sicherheit sieht er aber generell bei Blockchain durch die verteilten Datenbanken gegeben. Dabei werden einzelne Transaktionen zu Blöcken zusammengefasst und diese miteinander verkettet. Die Sicherheit der Blockchain rührt daher, dass jeder Block mit einer Hash Funktion verschlüsselt und die Datenbank auf sehr vielen Servern und Rechnern simultan verteilt wird. Einmal niedergeschrieben auf eine Blockchain, ist es fixiert und fälschungssicher.
Betreffend der Tokenisierung von Immobilien betont Dr. Jean-Claude Spillmann, dass dies keine direkten Anlagen sind. In Lichtenstein ist ein Digital Asset Gesetz in der Vernehmlassung, aber nicht in der Schweiz, wo das Kollektivanlagenrecht greift. Crowdhouse hat bspw. 40 Leute im Miteigentum ins Grundbuch eingetragen, was – ohne Blockchain- mit einer enormen Komplexität verbunden ist.
Bezogen auf die Schweiz beschrieben die Panelteilnehmer, dass mit Blockchain viele Probleme gelöst werden können, die es beispielsweise in der Schweiz gar nicht gibt. Blockchain macht Sinn in Ländern, wo das Vertrauen in den Staat fehlt, wo Korruption vorherrschend ist. Wo auch immer, sei mit der Blockchain Technologie für einzelne Anwendungsfälle Potenzial gegeben. Es gibt Visionäre, die sich neue Geschäftsmodelle erdenken und in der Gemeinschaft, so auch gerade im Cryptovalley in Zug als physischen Stützpunkt, sich gegenseitig bestärken. Doch bedarf es auf jeden Fall Unternehmenspersönlichkeiten, die dann auch in der Lage sind, diese umzusetzen.
Es war gesamthaft eine fulminante Diskussion, bei der die Vertreter der Immobilienwirtschaft, typisch für das ULI Roundtable Format, sich aktiv an der Diskussion beteiligten. Die Gespräche wurden beim folgenden Apéro, grosszügig gesponsort von Alfred Müller AG, fortgesetzt.
Sehr danke ich François Bernath, Sebastian Zollinger und Thorsten Eiglmeier sowie den hochkarätigen Panelteilnehmern und auch den Zuhörern für den gelungenen Abend.
Birgit Werner MRICS
Chair ULI Switzerland